Die „Johannisgrade“
Im Gegensatz etwa zu Lesegesellschaften wurde innerhalb der Logen unter den „gleichgestellten“ Mitgliedern von Anfang an eine Hierarchie geschaffen: Die Grade „Lehrling“, „Geselle„ und „Meister“, deren Bezeichnungen noch aus der ursprünglichen „Werkmaurerei“ der Steinmetze stammten, bilden das System der „Johannismaurerei“. Sie sollten den Grad der bereits erreichten persönlichen Vervollkommnung und Erkenntnis darstellen . Dies kann als Gegensatz zum so bezeichneten Gleichheitspostulat gesehen werden.
Weitergehende Hierarchisierungen: „Hochgradsysteme“
In vielen Logen wurden neben diesen drei „Johannisgraden“ bald auch sogenannte Hochgradsysteme eingeführt. Charakteristisch für diese war eine stark ausgeprägte Geheimniskrämerei um angebliches geheimes Wissen, wobei an verschiedene mystische, alchimistische, kabbalistische und gnostische Traditionen angeknüpft und nach außen hin durch besonderen Prunk und klangvolle Phantasietitel geprahlt wurde. Dabei konnte man als Freimaurer in manche dieser Erkenntnisstufen nur „berufen“ werden .
Das bedeutendste Beispiel, das auch der kritischen Gegnerschaft der Freimaurerei einiges an (vermeintlichen) Argumenten gegen den Bund gab, war das stark hierarchische System der „Strikten Observanz“ von Hunds. Es berief sich auf den im 14. Jahrhundert mit Hilfe von Ketzereivorwürfen durch Papst den V. zerschlagenen Ritterorden der Templer und deren angeblich gehütetes Geheimwissen, das im Verborgenen weiter existiert hätte. Die in Verschwörungstheorien bis heute immer wieder auftauchenden „geheimen Oberen“, die über ein geheimes Wissen verfügen, gehen übrigens auf Behauptungen von Hunds selbst zurück. Bis zur Auflösung der Strikten Observanz im Rahmen des Wilhelmsbader Konvents 1782 hatten zahlreiche Logen und, auf dem Höhepunkt der Ausbreitung 1775, 26 deutsche Fürsten das System übernommen .
Für die Verfechter der Hochgrade stellten diese nochmals eine „Auslese“ der Freimaurer dar, die „noch tiefer in die philosophischen Aspekte des Bundes eingedrungen sind“ .
Diese Praxis stellt noch stärker elitäre Tendenzen innerhalb der Freimaurerei dar.
Abgrenzung der Logen nach außen
Auch gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft bestand ein ausgesprochener Eliteanspruch. Als künstlicher, „persönlicher Stand“, sich auf individuelle, personale Tugenden und Qualitäten berufend, distanzierten sich die Freimaurer vom „großen Haufen“ der Mehrheit der Gesellschaft. Heute noch sieht sich die Freimaurerei selbst als „Werteelite“ im positiven Sinne, die durch „ihr vorbildliches Verhalten im humanitären, sozialen, charakterlichen, ethischen und geistigen Bereich Vorbildcharakter für andere Menschen hat“ .
Nach außen hin deutlich wurde ein elitäres Bewußtsein der Freimaurer gegenüber der übrigen Gesellschaft auch durch die religiös anmutende Unterscheidung zwischen „Eingeweihten“ (Logenbrüdern) und „Profanen“, wobei die profane Welt alles außerhalb der Loge, also alles nichtfreimaurerische, bezeichnet. Das Freimaurer-Lexikon bemüht sich allerdings darauf hinzuweisen, dass damit keine Herabsetzung vorgenommen würde.