Ein zentral wichtiger Begriff, wenn es um Freimaurerei geht, ist das „Geheimnis“ der Freimaurer, das mehrere Dimensionen und eine Vielzahl von Funktionen in sich birgt . Hier sollen lediglich das freimaurerische Verständnisses des „Geheimnisses“ und die Verpflichtung zur „Verschwiegenheit“ der Logenmitglieder, die vor allem in antifreimaurischen Verschwörungsvorwürfen oft damit in Verbindung gebracht wurde, angesprochen werden, sowie die Abgrenzung der Freimaurer zu anderen Geheimbünden.
Die Grundbedeutung des „Geheimnisses der Freimaurerei“ aus freimaurerischer Sicht ist „die persönliche innere Erfahrung die er [der Freimaurer] während einer Tempelarbeit subjektiv erlebt“ . Rituale und das persönliche „Lernen“ aus ihnen und der verwendeten Symbolik bilden einen Hauptbestandteil der freimaurerischen Praxis.
Zudem gilt die „Verschwiegenheit“ als hohe freimaurerische Tugend: Zum einen bildet sie die „Voraussetzung für das Vertrauen unter den Brüdern“ . Bei der Aufnahme in die Loge wurde das „Gelöbnis der Pflichterfüllung und der Verschwiegenheit“ üblicherweise mit einem Eid besiegelt. Dieser enthielt grausam klingende Strafandrohungen für den Fall eines Verstoßes gegen die Regeln, die aber, wie vieles in der Lehre der Freimaurer, symbolisch zu verstehen sind und auf gängige Strafpraxis aus dem Mittelalter zurückgreifen .
Zum Anderen stellte sie einen Schutz vor einer „Profanierung“ der Symbole und Rituale, also eines ungewünschten nach-außerhalb-des-Tempels-tragens dar . Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung zahlreicher sogenannter „Verräterschriften“, die seit dem 18. Jahrhundert eben dies taten und dabei Verfälschungen und Ungenauigkeiten bis hin zu „böswilligen, die Freimaurerei schädigenden Lügen“ enthielten und antifreimaurerische Polemik betrieben oder unterstützten, erscheint das plausibel.
Besonders in der heutigen Literatur über die Freimaurer wird oft versucht, die Freimaurer deutlich von Geheimbünden, wie den radikalaufklärerischen Illuminaten, die zumindest zum Teil im freimaurerischen Umfeld entstanden und zeitweilig mit anderen Logensystemen verwoben waren oder von den antiaufklärerischen Rosenkreuzern, zu denen es im 18. Jahrhundert ebenfalls einige personelle und organisatorische Verbindungen gab, abzugrenzen. Ein Hauptunterschied wird dabei bei der politischen Konzeption und Betätigung gesehen: Die Freimaurerei „verfolgte ursprünglich primär religiöskulturelle und kommunikative Ziele und blieb bis in die Französische Revolution hinein im Ganzen unpolitisch; sie verstand und deklarierte sich jedenfalls als unpolitisch […] sah […] sich gelegentlich politischen oder zumindest kryptopolitischen Einflüssen ausgesetzt“ . Auch nach den Aufsplitterungstendenzen seit den 1760er Jahren mit der daraus resultierenden Vielfalt von Spielarten der Freimaurerei sei die „Zentrierung um das Geheimnis“ jedoch das „eine konstitutive Merkmal“ gewesen, „sei es nun symbolisch oder konspirativ verstanden“, ähnlich wie bei anderen Geheimgesellschaften. Allerdings wird etwa bei Hardtwig auch darauf hingewiesen, dass diese Unterscheidung in der historischen Realität eher ideal- als realtypisch gewesen sei.