Die Freimaurer sind bis heute sicherlich das international bekannteste Beispiel für Vergesellschaftung zur Zeit der Aufklärung. Es gibt immer noch eine Vielzahl von Freimaurerlogen und Großlogen – Vereinigungen weltweit, die ihr rituelles Brauchtum in verschiedenen „Systemen“ betreiben, sich dabei aber alle auf gemeinsame Grundsätze wie Brüderlichkeit und Toleranz berufen. Gerne rühmen sich die Freimaurer, sie hätten die geistes- und entwicklungsgeschichtliche Entwicklung in Europa entscheidend geprägt und durch die Praxis der Logen der Aufklärung wichtige Impulse geliefert. Zweifelsohne wirkten die Freimaurer gerade im 18. Jahrhundert äußerst anziehend auf das sich neukonstituierende Bürgertum, jedoch wurden sie andererseits schon kurz nach ihrem vermehrten Auftreten während der europäischen Aufklärung kritisch beäugt, und es gab auf dem Schauplatz der noch vorherrschenden absolutistischen europäischen Länder eine Vielzahl von mehr oder weniger fundierten Anschuldigungen gegenüber diesen „geheimen“ Männerbünden. Dabei bezog zu Anfang besonders die katholische Kirche deutlich Stellung gegen die Logen.
Die nachfolgende Abhandlung soll aufzeigen, warum aus Sicht von antiaufklärerisch eingestellten Gruppen, allen voran der katholischen Kirche sowie Vertretern des Absolutismus die Freimaurer im 18. Jahrhundert, eine Gefahr für die althergebrachte Ordnung darzustellen schienen und dass dies der Anlaß für die Entwicklung einer Verschwörungstheorie war. Was dabei der tatsächliche Beitrag der Freimaurer zur Aufklärung war, ist dabei nicht Schwerpunkt dieser Abhandlung, vielmehr interessiert, welche Aspekte der Freimaurerei die althergebrachte Ordnung scheinbar in Frage stellten, inwiefern die entstehenden Verschwörungsthesen argumentativ und inhaltlich darauf eingingen und versuchten, die Freimaurer zu kriminalisieren und zu dämonisieren.
Es ist notwendig, an dieser Stelle auf ein praktisches Problem in der wissenschaftlichen Herangehensweise an dieses Thema hinzuweisen, nämlich auf die teilweise schwierige Situation, die sich dem Literatursuchenden stellt:
Zwar gab es, besonders in den letzten Jahren, immer wieder Literatur, die sich meist wissenschaftlich mit ähnlichen Thematiken beschäftigte und der glücklicherweise der polemische Charakter älterer Anfeindungsschriften oder der Pathos freimaurerischer Lobpreisungen auf die Logen und ihre Bedeutungen fehlt. Nichtsdestotrotz lässt sich feststellen, dass der überwiegend größte Teil dieser Aufsätze und Bücher selbst aus einem freimaurerischen Umfeld stammt, das heißt von Freimaurern (falls das feststellbar ist) oder Autoren, die zumindest auch immer wieder zum Beispiel im Auftrag der freimaurerischen „Forschungsloge – Quattuor Coronati“ veröffentlichen, verfasst wurde.
So distanzieren sich beispielsweise freimaurerische Autoren oft von der Bezeichnung der Freimaurer als Geheimbund, während andere Autoren mit dieser Einordnung kein Problem haben.